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12.04.2022

Die Fichte in den Zeiten der Klimaerwärmung

Was den Baum in den letzten Jahrtausenden so erfolgreich machte und weshalb die Fichte in den nächsten Jahrzehnten aus unseren Wäldern verschwinden könnte.

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Der Abgesang auf die Fichte ist vielleicht verfrüht

Die Fichte ist in Österreich noch immer eine prägende Baumart. Aber sie hat in Zeiten der gegenwärtigen Klimaerwärmung keinen leichten Stand. Einige behaupten sogar, dass sie in unseren Breitengraden dem Untergang geweiht ist und in 100 Jahren nur noch vereinzelt vorkommen wird. Was jedoch die wenigsten wissen: Die Fichte ist neben der Kiefer die erfolgreichste Baumart der letzten 10.000 Jahre. Aber es gibt noch mehr Interessantes über sie zu berichten. 

Die Fichte galt lange Zeit als wichtigster Brotbaum in der Forstwirtschaft und wurde vor allem nach dem 2. Weltkrieg auf vielen Flächen angepflanzt. Manchmal jedoch leider auch in Höhenlagen, mit denen sie auf lange Sicht nicht zu Rande kommt. In diesen Gebieten, die manchmal weit unter 800 Meter Seehöhe liegen, fielen die Fichten im Laufe der letzten Jahre besonders zum Opfer. Ein Grund dafür ist, dass es der Fichte in dieser Höhenlage auf lange Sicht einfach zu warm wird. 

Kerzenlichterhellte Christbäume

Fichtenholz wird seit alters her in vielen Bereichen verwendet: als Christbäume, als Zaunlatten und Bohnenstangen, als Bau- und Brennholz. Die Fichten, die wir heute sehen sind das Ergebnis von Entscheidungen, die 80 bis 100 Jahre zurückliegen. Damals, in den 20er Jahren war das Klima noch kühler als heute und es blieb so, bis in die Mitte der 70er Jahre. Die älteren Bürgerinnen und Bürger in Österreich werden sich noch an diese harten Winter und die Schneemassen erinnern. 

Mit der darauffolgenden und noch immer andauernden Klimaerwärmung hat die Fichte jedoch ihre Mühe. Ihr Flachwurzelsystem reagiert sehr empfindlich auf längere Trockenperioden. Dauern sie im Sommer zu lange, verursacht das bei Fichten in warmen Hanglangen Stress. Den Fichten gelingt es in solchen Phasen manchmal nicht mehr, den lebensnotwendigen Saftfluss im Baum aufrechtzuerhalten. Und dann verströmen die Fichten auf einmal so etwas wie einen Angstgeruch. Und dieser Angstgeruch lockt Borkenkäfer an. Nur noch spärlich gelingt es der Fichte in weiterer Folge mit austretendem Harz gegen ihre Feinde anzukämpfen. Am Ende gibt sie auf und Tausende Borkenkäfer fluten den Baum, legen ihre Brut zwischen Rinde und Holz in der Wachstumsschicht ab, und schon nach wenigen Wochen fällt die Borke in handtellergroßen Teilen ab. Der Baum ist abgestorben.

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Die Fichte kann sich in höhere Lagen zurückziehen

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Erfolgreich über mehrere tausend Jahre

Doch weshalb zählt die Fichte neben der Kiefer trotzdem zu den erfolgreichsten Baumarten seit der letzten Eiszeit? Die Fichte reagiert auf klimatische Veränderungen. In den letzten 10.000 Jahren gab es Klimaphasen, in der die durchschnittlichen Jahrestemperaturen deutlich höher lagen als heute. Die wärmste Phase der letzten 10.000 Jahre war vor zirka 6500 Jahren, das sogenannte Atlantikum. 

Momentan leben wir in einer wärmeren Phase der Erdgeschichte. Nicht zuletzt wegen des menschlichen Einflusses. Seit Jahren gehen die Gletscher in unseren Breitengraden dramatisch zurück. Auf den ehemaligen Gletscherfeldern treten manchmal Spuren der Vergangenheit zu Tage. Dendrologen, Menschen, die sich mit der Kunde der Jahrringe von Bäumen beschäftigen, suchen in diesen Schutt-, Geröll- und Erdflächen nach genau solchen Spuren. Bäume und Teile von Bäumen, die sich Jahrtausende tiefgefroren unter den Gletschermassen konserviert waren und nun wieder an das Tageslicht schmelzen. Und manchmal werden die Dendrologen auch fündig. Dr. Nicolussi, ein Wissenschaftler der Universität Innsbruck fand zum Beispiel am Ochsentaler Gletscher im vorarlbergischen Montafon Reste von Bäumen und hat sie auf ihr Alter untersucht. Der ältesten Baumstämme waren mehrere tausend Jahre alt.

Die Fichte als Klimaflüchtling

Die Fichte reagiert auf klimatische Veränderungen. Sie wandert. Mit Hilfe thermischer Aufwinde werden ihre leichten Samen bergwärts getragen und landen dort, wo der Wind ermüdet. Sind die Bedingungen gut, keimt der Samen. Überwiegen jahreszeitlich jedoch Kaltphasen, stirbt der Keimling oder kleine Baum wieder ab. Bleibt es jedoch über lange Phasen des Jahres warm, wächst und entwickelt er sich zum großen Baum. Und so wandert die Fichte in klimatischen Warmphasen bergwärts, siedelt, nicht wie heute auf etwa 1800 Meter, sondern klettert weit über 2000 Meter Seehöhe hinauf. Wird es klimatisch kühler, wandert sie aus den Hochlagen wieder zurück in tiefere Regionen. Diese Anpassung auf klimatische Veränderungen macht die Fichte neben der Kiefer so erfolgreich. Man kann diese jahrtausendealte Erfolgsgeschichte der Fichte sogar nachlesen. In einem 10.000 Seiten dicken Buch, das die Natur selbst geschrieben hat. Und zwar in den Jahresseiten von Mooren. Jährlich wächst ein Moor um zirka einen Millimeter. In 10.000 Jahren sind das zehn Meter. Und jedes Jahr schweben Pflanzenpollen durch die Luft und landen manchmal auch auf der Oberfläche von Mooren. So kann man beinahe auf das Jahr genau feststellen, welche Pflanzen zu welcher Zeit häufig waren und welche weniger. Und die Fichte ist in diesem Buch der Moore seit 10.000 Jahren immer sehr erfolgreich vertreten und wird es vermutlich auch zukünftig sein. Und höchstwahrscheinlich wird es die Fichte in Österreich auch die nächsten 10.000 Jahre noch geben. Manchmal in etwas höheren Lagen und manchmal wieder in tieferen Lagen. Aber eines ist beinahe gewiss: Sie wird bleiben.

Über den Autor: Jürgen-Thomas Ernst, geboren 1966, ausgebildeter Förster und Waldpädagoge. Zudem Schriftsteller und Verfasser zahlreicher forstrelevanter Artikel für Zeitschriften und Zeitungen. 

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