• 20. - 23. Februar 2025
  • Messezentrum Salzburg

Naturpelz vs. Kunstpelz: Schadet die künstliche Variante tatsächlich mehr?

Wie man Menschen dazu bringt, sich in der Natur respektvoll zu verhalten, und warum Naturpelz die Umwelt weniger belastet als Kunstpelz.

Moderator Martin Grasberger.

© Reed Exhibtions

Ein Text von Martin Grasberger, Chefredakteur Weidwerk

Beim „1. Onlinetag der Hohen Jagd & Fischerei“  ging es heiß her. Otmar Sladky (Bundesinnungsmeister der Kürschner), Wolfgang Muth (Bundesinnung für Mode und Bekleidungstechnik, WKO) und Wolfgang Reichl (ORF Mode- und Trendscout), per Liveübertragung waren die Familie Subosits (Kürschnerbetrieb aus Kärnten) und Regina Merklein (designierte Geschäftsführerin von „Fellwechsel“) diskutierten über das zum Teil ungerechte schlechte Image der Pelzindustrie. 

Made in Austria: Die Alpenrepublik hat 62 aktive Kürschner

Otmar Sladky, sozusagen „Oberkürschner“ Österreichs, brachte zu Beginn die Herausforderungen der Kürschnerei auf den Punkt: „Die ­Besonderheit an diesem Kunsthandwerk ist, aus unterschiedlichen Fellen ein einheitliches Bild zu schaffen. Im Gegensatz zum Kleidermacher, der eine vorhandene Fläche hat, den Stoff, wird diese Fläche vom Kürschner erst gebildet. Derzeit gibt es in Österreich 62 aktive Kürschner.“ Sladky beschreibt als Initiator auch die Geburtsstunde des Red Fox Austria Awards: „Durch Zufall bin ich darauf gestoßen, wie viele Füchse hierzulande erlegt werden, und ab diesem Zeitpunkt war es für mich nicht nachvollziehbar, dass ein Großteil dieses Naturprodukts entsorgt wird. Da kam die Idee, dieses Material zu bewerben, das nachhaltig, natürlich und nachwachsend ist. Der Bewerb wurde 2007 ins Leben gerufen, und seit 2015 ist er auch international ausgeschrieben.“ Auf die Frage, warum Pelz aus heimischer nachhaltiger Jagd eine so unbedeutende Rolle spiele, richtet er einen Appell an die Jägerschaft, mit gutem Beispiel voranzugehen und eigene Pelze verarbeiten zu lassen: Ansitzsäcke, Decken, Kappen, Verbrämungen usw. „In Österreich gibt es bei Pelzen übrigens eine Kennzeichnungspflicht, die Herkunft und Fellbezeichnung enthalten muss!“, schließt Sladky. 

Otmar Sladky, Bundesinnungsmeister der Kürschner.

Künstliches Fell sei eine ökologische Katastrophe
„Jährlich fallen durch Jagd, Nahrungs­gewinnung, Schädlingsbekämpfung, Hege und Zucht etwa 1,3 Mrd. Tierhäute an; davon werden 93 % zu Leder gegerbt, und bei 7 % bleiben die Haare dran – diese verarbeiten wir Kürschner zu nachhaltigen Kleidungsstücken und Accessoires“, zeigt Peter Subosits auf. Nicht zu vergleichen seien diese Naturprodukte mit Webpelzen, die aus Erdölabfallprodukten bestünden und mehrere Tausend Jahre nicht verrotten würden. Weiters würden durch die Produktion dieser Kleidungsstücke Mikrogranulate in die Weltmeere gelangen, wo das Plankton bereits damit verseucht sei. „Wir nehmen das Mikroplastik schließlich wieder mit der Nahrung auf – eine ökologische Katastrophe, die da passiert“, gibt Peter Subosits zu bedenken. „Als Jäger ist es moralisch nicht vertretbar, einen Fuchs zu schießen und diesen dann auf den Misthaufen zu schmeißen“, betont Birgit Subosits, „da ist es doch besser, ihn verarbeiten zu lassen!“ Bei „Peter’s Pelze“ werden in zwei Werkstätten in erster Linie Multifunktionsjacken hergestellt, bei denen der Pelz oftmals als Innenfutter mit Loden kombiniert wird. „Wir verwenden dafür Loden der Firma Steiner aus Österreich“, verweist Sohn Philipp ­Subosits auf den Nachhaltigkeitsgedanken seiner Familie. „Weiters fertigen wir Accessoires, wie Kappen, Krägen und Muffs, und verarbeiten auch andere heimische Felle“, ergänzt er, während er stolz eine modische Fuchsweste, die mit nur zwei Bälgen auskommt, präsentiert. 

 

Projekt Fellwechsel: Ein deutsches Sammelsystem mit Vorbildcharakter
Fuchsfelle werden in Deutschland von „Fellwechsel“ gesammelt und verwertet. „Neben der Nachhaltigkeit“, erzählt Regina Merklein, „war der Beweggrund, alle Felle, die in Deutschland anfallen, zu sammeln und in einer größeren Stückzahl qualitativ und farblich vorsortiert sowie jederzeit nachbestellbar anzubieten, damit die internationale Bekleidungsindustrie Interesse an den Fellen hat und eine Alternative zur Farmware bietet.“ In Deutschland werden im Jahr etwa 450.000 Füchse erlegt, ein Teil davon soll der Verwertung zugeführt werden. Der Deutsche Jagdverband und der Landesjagdverband Baden-Württemberg haben 2016 eine lange schwelende Idee in die Tat umgesetzt und „Fellwechsel“ gegründet. Es wurden Sammelstellen in Deutschland errichtet, wo die Jäger ihre erlegten Füchse abgeben können, schlussendlich waren es etwa 850 Stück. Am Ende der Saison werden die dort tiefgefroren gelagerten Füchse abgeholt und in eine „Streifstation“ gebracht, wo die Bälge gestreift und zur Gerbung vorbereitet werden. Jedes Fell wird mit einer Plombe markiert und ist somit nachverfolgbar. „Es werden im Moment nur etwa 1 bis 2% des in Deutschland erlegten Raubwildes von Fellwechsel verarbeitet, was unter anderem daran liegt, dass einfach nicht jedes Fell verwertet werden kann. Es ist nur ein relativ kurzer Zeitraum, in dem das Fell verwertbar ist, und dann muss es zudem noch fellschonend erlegt worden sein“, gibt Merklein zu bedenken. Es wurde den Jägern anfangs auch eine „Pfandprämie“ ausbezahlt, um das ­Projekt zum Laufen zu bringen. „Um auf den Markt zu kommen, braucht man etwa 2.000 gleichartige Felle einer Tierart, und in drei Jahren haben wir 30.000 gesammelt“, resümiert Merklein. Die Akzeptanz war wirklich sehr groß! Leider hat Corona dieses großartige Projekt beinahe zu Fall gebracht. „Wir hoffen, dass der Markt wieder anzieht“, gibt sie sich optimistisch. 

Pelzfellmarkt etwa 15 Mrd. Dollar schwer
Wolfgang Muth gewährt Einblicke in einen höchst innovativen Mode­wettbewerb, der sich für die Akzeptanz von Fuchsfellen einsetzt, nämlich den “Red Fox Austria Award”. Ursprünglich war dieser so gestaltet, dass die von den Kürschnern designten Modelle auf der “Hohen Jagd & Fischerei” präsentiert werden, sodass diese auch von den Jägern unmittelbar wahrgenommen werden können. In Zeiten von Corona findet der Bewerb digital statt – es wurden ein „Lookbook“ produziert, eine eigene Website eingerichtet und Videos gedreht. „Vor zwanzig Jahren gab es großen Gegenwind beim Thema Pelz, was man auch an unseren Mitgliedszahlen (der Wirtschaftskammer, Anm.) sieht. Vor zwanzig Jahren hatten wir noch zweihundert Mitgliedsbetriebe, jetzt sind es nur noch sechzig“, so Muth. Und weiter: „Weltweit ist der Pelzfellmarkt etwa 15 Mrd. Dollar schwer. Hier sieht man, wie groß das Bedürfnis des Menschen nach Pelz ist!“ Das Wissen zum Thema Tierhaut sei laut Muth aber ein sehr bescheidenes, und noch dazu werde das Thema von vielen sehr emotional geführt. „Wenn ein Tier durch die Nutzung des Menschen zu Tode kommt, dann sollte man dieses auch vollständig verarbeiten“, so Muth. Das gelte insbesondere für Material, das als Abfallprodukt aus der Nahrungs­mittel­industrie komme, wie bei Ziege, Lamm usw., genauso aber auch für jenes, das aus der jagdlichen Raubwildregulierung stamme. In Österreich fielen, so Muth, etwa 100.000 Pelztiere durch die Jagd an, davon könne man 30.000 guten Gewissens nutzen. Deswegen seien Wettbewerbe, wie der „Austria Creative Fur“ oder der „Red Fox Austria Award“ ins Leben gerufen worden; man wolle auf dieses Thema aufmerksam machen! Muth abschließend: „Der Kunde soll die Wahl haben. Wir wollen einen Beitrag leisten, dass diese Felle genutzt werden und nicht als Abfall enden.“ 

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Der Rotfuchs als Recyclingmaterial

„Ganz, ganz wichtig ist die Aufklärung, die Öffentlichkeitsarbeit. Beim “Red Fox Award” ist ebenfalls wichtig, die Nachhaltigkeit in den Vordergrund zu stellen, aber auch das traditionelle Handwerk der Kürschner“, freut sich Wolfgang Reichl über die mediale Unterstützung durch das Weidwerk. Das Thema Recycling sei, so Reichl, speziell in der internationalen Modebranche momentan in aller Munde, und dieser Award tue das schon seit Jahren. Es gelte, darauf hinzuweisen, dass man mit Abfallprodukten die tollsten Sachen kreieren und auch Studenten begeistern könne. Das Tragen von Pelzen sei einem Auf und Ab unterworfen, so Reichl, und viele große internationale Brands hätten sich davon distanziert. Es gebe nach wie vor Luxusbrands, die weiterhin auf Naturpelz setzen, aber auch andere, die Webpelze präferieren – eine Frage der Strategie. Am Ende des Tages gehe es um Angebot und Nachfrage und nicht zuletzt um die Umsätze, so Reichl. „Es ist letztlich eine Frage der Aufklärung, wo was wirklich herkommt. Rotfuchs ist ein recyceltes Material, das am Ende des Tages vernichtet werden würde.“Das Onlinevoting zur Frage „Würden Sie Naturpelz aus nachhaltiger heimischer Jagd tragen?“ brachte ein interessantes Ergebnis zutage: 100 % der Livezuseher antworteten mit „Ja“. 

 

Fuchspopulation auf ökologisch vertretbaren Niveau halten
Der Rotfuchs wird hierzulande nicht nur aus Gründen der Raubwildregulierung bejagt, sondern auch zum Gesundheitsschutz der Bevölkerung. Der Fuchs gilt nämlich als Hauptüberträger des Fuchsbandwurms – einer Zoonose, die für den Menschen letal enden kann. Auch aus diesem Blickwinkel ist es wichtig, die Fuchspopulationen auf einem ökologisch vertretbaren Niveau zu halten. Jäger leisten – und das sei an dieser Stelle hervorgehoben – damit einen wertvollen gesellschaftlichen Beitrag!„Ein Fuchsfell hält auch mindestens dreißig Jahre, und hier sieht man im Vergleich zu billigen ,Plastikjacken‘, die Wegwerfprodukte sind und die Umwelt belasten, wie wertvoll und nachhaltig ein Fuchspelz ist!“, warf KR Sladky in die Schlussdiskussion ein. Fuchspelz verrotte vollständig und werde wie jedes natürliche Material von der Natur restlos abgebaut. Das sei bei Kunstpelz völlig anders, ergänzte Wolfgang Muth. Im Endeffekt entstehe bei der Herstellung und Pflege von Kunstpelz Mikroplastik, das nicht nur die Natur, sondern auch den Organismus des Menschen belaste. 

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