• 20. - 23. Februar 2025
  • Messezentrum Salzburg

Kitzrettung: Kleine Drohne gegen großes Mähwerk?

Jährlich fallen rund 25.000 Rehkitze dem Mähtod zum Opfer. Wie man mit moderner Technik und etwas Fingerspitzengefühl Abertausende rettet, erzählt der Drohnenpilot Fabian Geiger.

© Sodia

Jedes Jahr im Frühsommer stehen wir in unserer Kulturlandschaft vor dem gleichen Dilemma. Rehgeißen haben über Jahrhunderte gelernt, sich auf die Deckung unserer landwirtschaftlichen Wiesen zu verlassen und setzen ihre Kitze in das lange Gras. Dort verbringen sie ihre ersten Lebenswochen. Genau zu diesem Zeitpunkt werden aber die ersten Wiesen bereits gemäht. Es wird geschätzt, dass in Österreich jährlich rund 25.000 Rehkitze den schweren Maschinen zum Opfer fallen. Um den Mähtod der Kitze zu verhindern, müssen in wenigen Tagen große Flächen abgesucht und die Kitze aus dem Gefahrenbereich gebracht werden. Das gute Zusammenspiel zwischen Landwirten und Jägern ist überaus positiv, bringt aber beide Seiten an ihre Kapazitätsgrenzen.

Alles Gute kommt von oben?

Während noch ein paar wenige Kritiker der modernen Technologie kritisch gegenüberstehen, boomen zur Zeit die Drohnen-Einsätze – und das ist gut so! Was vor ein paar Jahren noch undenkbar war, ist heute in einigen Revieren gar nicht mehr wegzudenken. Aber wie genau funktioniert die Kitzrettung mit der Drohne und welche Voraussetzungen braucht es? 

Wir haben beim Jagdwaffenspezialist Sodia in Salzburg nachgefragt, der seit einigen Jahren die Sodia Akademie betreibt. Hier wird in Seminaren und Praxiskursen Expertenwissen weitergegeben. EinGespräch mit Fabian Geier, Drohnenpilot und Fachmann.

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Reed Exhibitions: Wie kann man sich das Prozedere der Kitzrettung vorstellen? 

Fabian Geiger: Optimalerweise hat die Jagdgemeinschaft vor Ort selbst eine Drohne. Besonders bei der ersten Mahd passiert es häufig, dass alle Landwirte gleichzeitig bei passendem Wetter beginnen zu mähen und nicht auf einen Drohnenpiloten warten können. Besonders gut funktioniert die Kitzrettung in enger Zusammenarbeit mit den Bauern vor Ort. Die Flächen müssen sehr früh am Morgen abgeflogen werden, da dann die Wärmebildgeräte der Drohnen die Kitze zuverlässig anzeigen können, daher muss der Drohneneinsatz bereits am Vortag geplant werden. Ein spontaner Einsatz ist zwar möglich, aber je wärmer die Umgebungstemperatur ist, umso schwieriger wird es die Kitz im langen Gras zu finden. 

 

Wie läuft so ein Einsatz ab?

Geiger: Technisch sieht es dann folgendermaßen aus: 

1: Das Feld wird ausgesucht, wo geflogen werden soll. Die abzufliegende Fläche kann mittels Smart-Steuerung direkt vor Ort (Google Earth) in das System programmiert werden. 

Die Drohne fliegt die vorprogrammierte Fläche von selbst ab.

2: Jäger oder Hilfspersonen müssen bereit stehen, um das gefundene Kitz aus dem Gefahrenbereich zu tragen.

 

Was kostet es, wenn ich mir selbst eine Drohne für diese Zwecke anschaffe? Worin liegt der Unterschied bei einer Echtbild- und Wärmebildkamera?

Geiger: Die Kosten belaufen auf ungefähr 3.500 Euro für Ausrüstung, Drohne etc. 

Wir verkaufen die DJI Mavic 2 Enterprise, diese Drohne besitzt zwei Kameras. Eine Echtbildkamera und eine Wärmebildkamera die man auf Knopfdruck umschalten kann. 

Beim Überfliegen der Fläche wird ausschließlich mit Wärmebildkameras gearbeitet, da in diesem Fall schon meist sehr früh morgens geflogen wird. Mit Echtbildkameras würde man zu dieser Tageszeit viel zu wenig sehen.

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Aus der Sicht des Drohnen-Piloten: Das Rehkitz ist unbeeindruckt von der neuen Technik. 

Gibt es bereits ein Netzwerk, welches Jäger bzw. Landwirte in Anspruch nehmen können?

Geiger: Momentan gibt es leider noch kein Netzwerk, welches Jäger und Landwirte nutzen könnten.

 

Wo empfiehlt sich der Einsatz mit der Drohne?

Geiger: Umso größer die Fläche, desto eher empfiehlt sich der Einsatz der Drohne. Ich möchte darauf hinweisen, dass Drohnen nicht nur zur Kitzrettung eingesetzt werden. Auch die Polizei, Feuerwehr und Bergrettung machen sich diese Technik schon zu nutzen.

 

Mit welchen Kosten kann man für den Einsatz rechnen?

Geiger: Es ist natürlich jeder Firma oder Person freigestellt, wie viel für den Einsatz verrechnet wird. Jedoch belaufen sich die Kosten laut Internet auf ca. 150 € pro Einsatz. 

 

Wie wird man Drohnenpilot? Kann das jeder? 

Geiger: Grundsätzlich kann das jeder erlernen. Mittleiweile ist jedoch ein Online-Kurs erforderlich und die Drohne muss bei Austro Control gemeldet sein. 

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Seit wann beschäftigen Sie sich mit der Kitzrettung? Wie wird das in der Sodia Akademie angeboten?

Geiger: Ich selbst beschäftige mich nun zwei Jahre mit Drohnenortung – und Kitzrettung. Unser Kursleiter, Dirk Sachon, gibt in dem Praxisseminar Ratschläge, worauf man beim Kauf achten sollte und welche rechtlichen Grundlagen zu beachten sind. Er geht auf Aspekte der weidmännischen Einsatzmöglichkeiten ein und zeigt bei der praktischen Vorführung Beispiele für sinnvolle Flugmanöver.

Kurse sind jederzeit online zu buchen und finden regelmäßig statt. Hier finden Sie die Kurse der Sodia Akademie.

Reed Exhibitions: Vielen Dank für das Gespräch!

Welche Methode ist die beste zur Kitzrettung?

Mit dieser Frage beschäftigte sich 2020 die Redaktion von „Jagderleben“ und führte eine Online-Umfrage durch. Das Ergebnis:  560 Antworten von Jägern. Die Umfrage ergab, dass 29 Prozent der Kitzsuchen mittels Begehung erfolgen, gefolgt von der Begehung mit Hund und den kombinierten Methoden Begehung mit und ohne Hund und Vergrämung mit jeweils 26 Prozent. Lediglich sieben Prozent  führen die Kitzrettung bereits mit Drohne und Wärmebildkamera durch. Am ineffizientesten stellte sich die Methode der Vergrämung dar, bei der trotz der Aktion noch über 37 Prozent der Kitze durch die Mahd ums Leben kamen. Am effizientesten hingegen scheint die Suche mittels Drohne zu sein, da hier nur noch 22 ProzentVerlust zu beklagen sind. (Quelle: jagderleben.de)